Bewerben und Bewerbungsverfahren in England

Im heutigen Gastbeitrag beschreibt Sarah Landrut die speziellen Anforderungen und Gepflogenheiten für eine Bewerbung in England/Großbritannien – aus ihrer praktischen Erfahrung heraus. 

 

Leben und Arbeiten in England/Großbritannien

Strenge Vorgaben und genaue Abläufe wie in Deutschland werden in England etwas großzügiger behandelt. Was wirklich zählt, ist die soziale Kompetenz. Wenn man also nach Feierabend zu einem after-work-drink mit den Kollegen eingeladen wird, sollte man unbedingt annehmen.

Ansonsten ist das Arbeiten selbst in England nicht mit großem bürokratischem Aufwand verbunden, da durch die Mitgliedschaft in der EU keine speziellen Einreisebestimmungen oder Visa erforderlich sind.

Die Vorteile – England ist ein attraktives Land

Das Finanzzentrum London

Warum überhaupt England? Gerade für viele Akademiker bietet England reizvolle Jobchancen. Das Finanzzentrum London, neben New York das bedeutsamste weltweit, hat in verschiedenen Sektoren viel zu bieten.

Auch die Hightech-Bereiche Telekommunikation, IT, Pharma- und Chemieindustrie oder Elektrotechnik suchen immer gut ausgebildete Fachkräfte. Als Techniker oder Ingenieur kann man sich in England also berechtigt größere Hoffnungen auf einen guten Job machen.

Besonders auch im Gesundheitswesen sind viele Jobs zu vergeben. Daher kann man in diesen Berufen relativ leicht einen Job finden.

Da die Ausbildung prinzipiell nicht so bindend ist wie in Deutschland, kann man sich auch für eigentlich „nicht passende“ Jobs bewerben und darf auf eine Chance, zum Interview eingeladen zu werden, hoffen.

Von Vorteil sind übrigens in hohem Maße Fremdsprachen, allerdings nur als Zusatz zu flüssigem Englisch.

 

Mögliche Nachteile …

Auch England, das Land von Rosamunde Pilcher, der Steilküsten, Teatime und der Queen, ist nicht das Paradies für Auswanderer. Die englische Wirtschaft ist in hohem Maße abhängig von Import und vom Finanzsektor, so dass Wirtschaftskrisen wie die 2008/09 hier große Wellen schlagen.

Weiterhin sollte man sich über die hohen Lebenshaltungskosten in Großbritannien im Klaren sein, die auch durch den Mindestlohn nicht komplett abgefedert werden.

Der NHS (National Health Service) ist eine ambivalente Organisation: Es ist selbstverständlich vorteilhaft, dass jeder Brite und jeder in Großbritannien Arbeitende zugesicherte kostenlose medizinische Betreuung erhält. Andererseits hat der NHS nicht den besten Ruf, weshalb sich die meisten Engländer zusätzlich privat versichern, was auch durch den Arbeitgeber unterstützt wird und nicht so außergewöhnlich ist wie in Deutschland.

Bewerben in Großbritannien – die englische Bewerbung

Da wie oben erwähnt Sozialkompetenz einen hohen Stellenwert hat, spiegelt sich das auch bei der Jobsuche wieder. Vitamin B ist DER wichtigste Türöffner. Kontakte zu knüpfen, spielt bereits während des Studiums eine große Rolle und viele Studenten werden von der Uni weg abgeworben. Für den Rest gilt: Von Mai bis Juli ist die Hochzeit für Bewerbungen.

Egal ob ausgeschriebene Jobs oder Initiativbewerbungen. Wer auf Jobssuche ist, kann sich über die „Jobseekers“ Angebote heraussuchen oder sich an den British Council (auch in den Großstädten Deutschlands) wenden: www.britishcouncil.de. Eine weitere empfehlenswerte Seite ist www.jobs.ac.uk oder auch www.indeed.co.uk.

Die großen Tageszeitungen spielen nach wie vor eine Hauptrolle im Alltag und sind somit auch eine gewichtige Anlaufstelle für Jobannouncen, wie z.B. www.jobs.guardian.co.uk.

Die englische Bewerbungsmappe

Grundsätzlich besteht diese aus einem Lebenslauf (CV, also Curriculum Vitae), dem Motivationsschreiben („Letter of Motivation“), den Empfehlungsschreiben und Zeugnissen. Allerdings sind hier Feinheiten zu beachten. Bescheidenheit ist eine Tugend und man sollte darauf verzichten, im Anschreiben mit seinen Fähigkeiten zu prahlen. Allerdings schaden Verweise auf den CV nicht. („As indicated in my CV…“).

Das Motivationsschreiben sollte den Kern der Bewerbung bilden. Man sollte darin schlüssig erklären, warum man für den Job geeignet ist und den Job bekommen sollte. Die Empfehlungsschreiben oder Verweise auf Referenzgeber sollten entweder von einem Übersetzungsbüro übersetzt sein oder direkt auf Englisch vorliegen. Im Vergleich zu deutschen Bewerbungen zählen die Referenzen in hohem Maße, da in England Referenzen auch verweigert werden oder unanfechtbar schlecht ausfallen können.

Weitere Unterschiede sind, dass man keine Angaben zur Religion, dem Beruf der Eltern oder dem Familienstand macht. Ebenfalls unüblich- aus Diskriminierung vermeidenden Gründen- ist ein Foto. Am Ende wird der CV nicht mit Datum und Ort unterschrieben.

Der Lebenslauf für Bewerbungen in England („CV“)

Grundsätzlich gilt: Man listet seine Tätigkeiten antichronologisch auf und beginnt damit in der Gegenwart. Diese Sparte wird mit „Employment“ überschrieben. Weiterhin sollte man seine Bildungsabschlüsse unter „Education and Qualifications“ verzeichnen. „Special skills“ zeigen die spezielle Eignung für eben diese Stelle und die „interests“ sind aus Sicht der Personaler insofern von Bedeutung, als sie für das menschliche Bild des Bewerbers ausschlaggebend sind. Hier sollte man also ruhig auch Hobbies aufzählen, um dem Arbeitgeber ein rundes Bild seiner Persönlichkeit zu vermitteln. Hier zählt auch, dass man ins Team passt.

Referenzen sind besonders wichtig

Es ist nicht nötig, stapelweise Referenzen einzureichen, zwei oder drei gute Referenzen sind völlig ausreichend. Allerdings sollten diese seriös übersetzt und professionell präsentiert werden. Man kann auch schlicht auf ehemalige Arbeitgeber und deren Telefonnummer verweisen (am Ende des CV), sollte diese aber auf einen möglichen Anruf vorbereiten.

Wie es im Bewerbungsverfahren weiter geht

Klar, am besten hätte man sofort eine Bestätigung und eine Einladung zum „job interview“ (zunächst via Skype), das ähnlich abläuft wie in Deutschland. Normalerweise erhält man recht schnell eine Eingangsbestätigung. Daher darf man nach 4 Wochen nachfragen, ob sich schon etwas ergeben hat.

Teils bitten die Arbeitgeber, zur besseren Vergleichbarkeit der Bewerber, auch um das Ausfüllen vorbereiteter Formulare, teils muss man im Laufe des Bewerbungsprozesses an einem Assessment Center teilnehmen.
Es ist vielleicht auch lohnenswert zur Jobsuche für 1-2 Wochen nach England zu reisen, damit man sich auch persönlich vorstellen kann. Andererseits ist der Kostenfaktor vielleicht auch entscheidend, sodass man schlicht und ergreifend nicht vor der Jobzusage dorthin kommen kann. Am besten aber einfach nicht entmutigen lassen und immer weiter probieren!

Über die Autorin

Sarah LandrutSarah Landrut, ist Autorin des Blogs Sprachreisen England und berichtet auf Ihrer Seite von Ihren Erfahrungen in England. Sie geht dabei detailliert auf Stipendien, Work and Travel England Aufenthalte, Auslandspraktika, Internate, Schüleraustausche und Sprachreisen in England ein.