Interview mit Jürgen Hesse zum Thema Bewerbung

Auszüge aus dem lesenswerten Interview von KarriereSPIEGEL mit Jürgen Hesse vom Autorenduo für Bewerbungsratgeber Hesse/Schrader auf Spiegel Online vom 17.Dezember 2012:

„Die Bewerbung ist vom Notizzettel zur Speisekarte geworden“, sagt Jürgen Hesse, erfolgreicher Autor von Bewerbungsratgebern, im Interview mit Spiegel Online am 17.12.12. Früher habe man sich weniger Gedanken über die Bewerbung gemacht und es habe lediglich drei oder vier Bewerbungsratgeber gegeben.

Die Schwächen der Bewerber/innen

Doch heutzutage hat sich die Arbeitsmarktlage verändert. Die Konkurrenz unter den Bewerbern ist gestiegen und mit ihr der Anspruch an eine Bewerbung. Früher reichte es aus, wenn man sein Studienfach, die Schule und möglicherweise Hobbys aufgelistet hat. Heute muss man „ein Profil kreieren, sich als Marke inszenieren“, meint Jürgen Hesse.

Und genau hier liegen nach wie vor die größten Schwächen vieler Bewerber. „Die meisten haben kein unternehmerisches Selbstverständnis“, sagt Hesse. „Ihnen ist nicht klar, dass sie eine Art Ware anbieten – ihr Knowhow.“ Der Bewerber sollte, laut Hesse, ganz klar formulieren, was ihn motiviert und wieso er ausgerechnet bei diesem Unternehmen arbeiten möchte. Denn das Vorstellungsgespräch dient trotz aller Veränderungen nach wie vor auch dazu, herauszufinden, ob der Bewerber zum Unternehmen passt.

Der Auswahlprozess der Bewerber hat sich professionalisiert

Generell nehmen sich heutzutage potenzielle Arbeitgeber im Bewerbungsprozess mehr Zeit für die Auswahl. Auf beiden Seiten sind die Erwartungen an den jeweils anderen gestiegen und man widmet sich einem Treffen mit größerer Präzision. Auch hierin zeigt sich die veränderte Arbeitsmarktsituation. Denn selbst kleine Firmen bereiten sich detailliert vor und überlegen sich, was sie den Bewerber fragen wollen oder auch, was sie nicht fragen dürfen.

„Vor 30 Jahren hatte man ein Vorstellungsgespräch beim Unternehmen, beim zweiten Treffen wurde der Vertrag unterschrieben“, sagt dazu Jürgen Hesse, „Heute sind es in großen Konzernen bis zu zehn Auswahlgespräche, auch mal inklusive Telefonkonferenz mit London.“

Worauf es beim Vorstellungsgespräch ankommt

Für die Bewerber gibt es mittlerweile zahlreiche Bewerbungsratgeber. „Dennoch gehen die meisten Kandidaten sehr blauäugig und unvorbereitet an die Sache ran“, meint Hesse. Dies liegt vor allem daran, dass die meisten Ratgeber sich auf die schriftliche Bewerbung konzentrieren und nicht auf das Vorstellungsgespräch. Hierbei sollte der Bewerber bedenken, dass der potentielle Arbeitgeber mehr über ihn erfahren will. Dabei geht es weniger um den Inhalt, als um den Tonfall.

„Entscheidend ist doch: Es ist ein Ritual“, sagt dazu Jürgen Hesse, „Ich muss zeigen, dass ich keine Antwort schuldig bleibe – aber auch klar machen, dass ich nicht blöd bin und hier keinen Seelenstriptease hinlege.“ Die Personalentscheider können daran erkennen, ob der Bewerber in kritischen Situationen gelassen bleibt oder dazu neigt, zickig zu werden.

Die lesenswerten Kommentare …

Erstaunlich kritisch äußern sich viele Leser/innen in den Kommentaren über Bewerbungsratgeber. Dabei haben die Bücher und Tipps durchaus Ihre Berechtigung, wie ein Leser mit dem Benutzernamen redrat69 anmerkt: „Man sollte die Bücher als Ratgeber sehen und nicht als Tool, aus dem sich blind Phrasen abschreiben lassen. Ich sage immer, eine Bewerbung soll klar sein, soll den persönlichen Geist widerspiegeln und im Anschreiben kurz.“

Für Diskussion sorgte auch Hr. Hesses Tipp, im Vorstellungsgespräch auf die Frage nach den Schwächen z.B. mit „Ich habe eine Schwäche für schwarze Schokolade“ zu antworten und damit Humor in die Frage zu bringen. Was ich aus dem Interview raus gelesen habe: Das Vorstellungsgespräch ist ein Ritual, bei dem sich beide Parteien auf Augenhöhe begegnen können sollten.
Benutzer andy12123 meint: „Die Schwächen-Frage sollte man in einen Gespräch ehrlich beantworten können und gleichzeitig signalisieren, das man sich auch seiner Schwächen bewusst ist und sich weiterentwickeln will. Zumindest würde ich bei keinen Unternehmen anfangen wollen, dass so eine Aussage nicht akzeptiert.“

Für alle die sich mit der Formulierung von Anschreiben schwer tun finde ich folgenden Tipp von stev12 gut: „Die ersten zwei Sätze im Anschreiben sind wichtig. Hier müsst Ihr stehen, immer in Relation zu den ersten zwei Anforderungen aus der Stellenbeschreibung. Danach … drei Beispiele über eure Erfolge in Relation zu der Stellenbeschreibung.“

Abschließen möchte ich mit dem charmanten Kommentar von Izmir.Übül:
Mein Maßstab ist „Welche Bewerbung würde mich selbst interessieren“

Weiterführende Artikel:

Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch: Die 11 häufigsten Fragen

Tipps von Personalentscheidern zur Formulierung von Anschreiben

 

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